Die Entscheidung über die Zukunft der Kliniken der Stadt Köln, die in den nächsten Wochen ansteht, ist für die Bürger*innen des Stadtbezirks Mülheim wegweisend. Der Bezirk Mülheim ist auf eine gute Krankenhausversorgung vor Ort angewiesen.
Es ist kein Geheimnis, dass eines der großen Kölner Probleme die Schieflage der Gesundheitsversorgung in den einzelnen Stadtbezirken ist. Im linksrheinischen Köln gibt es – auch im Verhältnis zur Bevölkerungszahl – deutlich mehr Krankenhausbetten als im Rechtsrheinischen. Ausnahme ist der Stadtbezirk Chorweiler, dort gibt es weder einen Kinderarzt noch ein Krankenhaus. In Mülheim ist die Versorgung mit Ärzten ähnlich kritisch, dort wurde die Notfallambulanz 2019 geschlossen und seit 2019 droht nun auch die Schließung des Krankenhauses. Mit der Schließung des Krankenhauses Holweide gäbe es im rechtsrheinischen Bezirk Mülheim keine ärztliche Notfallgrundversorgung Dies zeigt, dass zwei große Stadtbezirke mit gravierenden sozialen Problemlagen weiter abgehängt werden.
Gemeinsam mit vielen anderen Initiativen setzt sich die SPD im Stadtbezirk Mülheim seit 2019 für den Erhalt des Krankenhauses zur Grund- und Regelversorgung ein. Anlass war der Beschluss des Rates zur Schließung des Krankenhauses. Grund für den Beschluss war bereits damals die dramatische wirtschaftliche Schieflage der Kliniken. Die Kliniken haben einen enormen Investitionsstau, weil über viele Jahre Investitionen nicht ausreichend vom Land gegenfinanziert wurde, gleichzeitig kann auch der Betrieb weiterhin nicht kostendeckend gewährleistet werden. Stationen werden geschlossen, Personal wurde reduziert.
Gleichzeitig plante die Stadtspitze den Zusammenschluss der städtischen Kliniken mit den Unikliniken zu einem Klinikverbund. Folge wäre, dass die Stadt Köln keinerlei Einfluss mehr auf den Klinikbetrieb hätte. Auch das lehnte die SPD ab. Auf ihrem Parteitag am 5.11.2022 bekräftigte die Kölner SPD noch einmal den Erhalt des Krankenhauses und die Ablehnung des Klinikverbundes
Seitdem hat sich die Situation weiter verschlechtert, die Geschäftsführungen wechselten und Corona hat Situation der gesamten Krankenhauslandschaft und deren Finanzierung verschärft. Das trifft auch die Kliniken der Stadt Köln. Zudem stehen die Verhandlungen mit dem Land zum Klinikverbund nun vor dem Aus.
Hinzu kommen nun noch zwei aktuelle Entwicklungen:
Seit 2022 ist der Krankenhausplan der Landesregierung in Kraft. Dieser soll das Krankenhauswesen in NRW nachhaltig stärken, so NRW-Gesundheitsminister Laumann. Durch den Krankenhausplan soll es dem Land künftig ermöglicht werden, die Krankenhausstrukturen effektiver zu gestalten. Die Planung beruht dabei auf Fallzahlen, sowie sogenannte Leistungsbereiche und Leistungsgruppen verbunden mit Qualitätsvorgaben. Dadurch ließe sich eine bessere Koordination und Kooperation zwischen den Krankenhäusern umsetzten. Weiterhin soll der Krankenhausplan eine flächendeckende Versorgung sicherstellen.
Er enthält z. B. die Vorgabe, dass ein Krankenhaus mit internistischer und chirurgischer Versorgung für 90 % der Bevölkerung NRWs innerhalb von 20 Autominuten erreichbar sein muss.
Zwar enthält der Krankenhausplan Rahmenbedingungen, jedoch keine Festlegungen zu dem Erhalt einzelner Krankenhäuser. Die Verhandlungen zwischen Krankenhausträgern und Krankenkassen hierzu stehen kurz vor dem Abschluss. Danach werden die Bezirksregierungen und das Landesgesundheitsministerium prüfen, ob sie das Ergebnis so akzeptieren und mit entsprechenden Investitionsmitteln hinterlegen. Es ist bereits jetzt erkennbar, dass es zu Konzentrationsprozessen und erheblichen Anpassungen im Leistungsangebot kommt. Letztlich basieren die Planungen aber auf der bisherigen Finanzierungsstruktur der Fallpauschalen, die wiederum ein wesentlicher Grund für die Fehlentwicklungen der letzten Jahre sind.
Mit der geplanten Krankenhausreform unseres Bundesgesundheitsministers Prof. Dr. Lauterbach kommt ein weiterer Faktor hinzu. Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe diskutiert derzeit über notwendige Reformen im Krankenhausbereich. Grundlage sind die Empfehlungen der im Mai 2022 eingerichteten „Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung“ (LINK).
Laut Krankenhausreform soll jedes Krankenhaus einem Versorgungslevel zugeordnet werden.
Folgende Level sind vorgesehen:
- Grundversorgung – medizinische und pflegerische Basisversorgung, z.B. grundlegende chirurgische Eingriffe und Notfälle
- Regel- und Schwerpunktversorgung – Krankenhäuser, die im Vergleich zur Grundversorgung noch weitere Leistungen anbieten
- Maximalversorgung – z.B. Universitätskliniken
Jedem Level sollen dabei Mindeststrukturvorgaben zugeordnet werden. Damit würden erstmals durch den Gesetzgeber einheitliche Standards vorgegeben. Nur, wenn ein Krankenhaus die Strukturvorgaben der jeweiligen Level erfüllt, darf es die entsprechenden Leistungen erbringen. Die Reform wird gravierenden Änderungen in der Krankenhauslandschaft führen.
Die Krankenhausreform zielt insbesondere darauf ab, das System der Fallpauschalen zu überwinden. Stattdessen werden Vorhaltepauschalen an die Krankenhäuser gezahlt. Die Verdienste der Krankenhäuser würde sich künftig also nicht mehr an den konkreten Fällen orientieren. Die genaue Ausgestaltung soll im Sommer vorgelegt werden.
Zwischenzeitlich gibt es nun neue besorgniserregende Entwicklungen bei den Kliniken. Die Geschäftsführung der Kliniken hat auf Druck der OB sehr kurzfristig im Februar 2023 einen Sanierungsplan vorgelegt, der wiederum im Mai im Rat behandelt werden soll.
Die Geschäftsführung der Kliniken hat sich dafür ausgesprochen, nur noch einen Standort in Merheim vorzusehen. Die beiden Standorte Holweide und Amsterdamer Straße würden dann entfallen. Während es bezogen auf den Standort der Kinderklinik es noch heißt „Die Geschäftsführung wird gebeten, Räumlichkeiten für eine ergänzende kinderärztliche Versorgung im Linksrheinischen zu prüfen“, fehlt jegliche Perspektive für den Standort Holweide. Auch eine Medizinisches Versorgungszentrum ist nicht vorgesehen.
Hintergrund ist, dass in den städtischen Kliniken derzeit jede Woche knapp 2 Millionen Euro Verluste gemacht werden. Investitionen für die Zukunft sind nicht möglich. Ein Zustand, der nicht erst seit kurzem besteht, von der Oberbürgermeisterin aber lange hingenommen wurde.
Die medizinische Grundversorgung in den Stadtbezirken Mülheim und Chorweiler wird mit dieser Vorlage weiter eingeschränkt.
Damit zeigt uns die Oberbürgermeisterin mit ihren Mehrheitsfraktionen von CDU, Grünen und Volt, dass ihnen die Menschen in den sozial benachteiligten Stadtteilen weniger wichtig sind: Wieder einmal wird auf ihre Kosten das Gesundheitssystem ausgedünnt! Das dürfen wir als SPD nicht zulassen. Die Vorlage wirft zudem viele offene Fragen auf und kommt zum völlig falschen Zeitpunkt:
Die Vorlage begründet die Zentralisierung in Merheim mit den Vorgaben der Krankenhausreform, diese stehen aber noch gar nicht fest, sondern werden ja gerade erst verhandelt.
Die Auswirkungen auf die medizinische Versorgung und Bedarfslage in Köln ist nicht dokumentiert, es gibt kein Konzept für die medizinische Versorgung in Köln.
Es ist nicht geklärt, ob Merheim überhaupt die Bedarfe für die medizinische Grundversorgung im Rechtrheinischen abdecken kann. Es zeigt sich bereits jetzt, das Merheim die nach und nach reduzierten Kapazitäten in Holweide nicht kompensieren kann.
Die Aussagen zu Investitionsbedarfen in Höhe von 590 Mio. € sind nicht belegt. Es gibt keine Gegenüberstellung zu einem Sanierungsmodell für die bestehenden Standorte.
Kosten- und Zeitpläne für Baumaßnahmen sind überhaupt nicht belastbar angesichts der bisherigen Erfahrungen mit Kölner Großprojekten.
Die ÖPNV-Anbindung von Merheim im Rechtsrheinischen ist seit Jahren völlig unzureichend.
Eine Refinanzierung der Maßnahmen durch den Verkauf der städtischen Grundstücken in Holweide und Riehl steht der Beschlusslage der Stadt entgegen.
Die Umsetzung ist derzeit bis 2031 geplant. Es gibt keinerlei Aussagen, wie die gesundheitliche Versorgung in der Zwischenzeit sichergestellt werden soll.
Daher haben sich die Kölner SPD Landtagsabgeordneten zu der Vorlage wie folgt positioniert:
Die Stadt Köln darf jetzt keine voreiligen Entscheidungen zu Lasten der Gesundheitsversorgung in Köln treffen. Die Vorlage lässt viele Fragen offen und reicht als Grundlage für eine Entscheidung nicht aus. Die Krankenhausreform muss abgewartet werden und in der Zwischenzeit muss die OB ihre Hausaufgaben machen. Wir fordern einen breiten Diskurs mit der Bürgerschaft. Was ist uns unsere Gesundheitsversorgung wert?
Die Vorlage der Verwaltung kann man hier einsehen:
Hier geht es zum Interview mit dem KStA:
https://www.ksta.de/koeln/koeln-spd-abgeordnete-kritisieren-plan-fuer-kliniken-506235